Die Herzog-Johann-Albrecht-Straße in Braunlage spielte eine zentrale Rolle in der Stadtentwicklung. Als das einstige „Waldarbeiterdorf“ begann, sich zu einem Kurort zu wandeln, wurde neben dem Bau von Hotels und Villen auch die Planung für breite Straßen mit Fußwegen und schattenspendenden Bäumen vorangetrieben. Entlang der Straße erstreckte sich eine markante Allee, die das städtische Viertel seit etwa 1920 prägte und sich über rund 1.200 Meter erstreckte. Eine Wohlfühloase vieler Anwohner.
Diese Allee gliederte sich in einen etwa 350 Meter langen Abschnitt mit Winter-Linden und einen rund 850 Meter langen Abschnitt mit Ross-Kastanien. Im Jahr 2020 wurden jedoch 33 Linden im Rahmen eines Straßenausbaus gefällt, wobei nur eine erhalten blieb. Die nachträglichen 15 Neupflanzungen wurden willkürlich angeordnet und konnten den charakteristischen Charme der Allee nicht bewahren. Ein einfaches Neupflanzen in dieser Anzahl reicht außerdem lange nicht aus, um die verloren gegangenen ökologischen Leistungen mehrerer nahezu 100 Jahre alter Bäume auch nur ansatzweise zu kompensieren. So wirken sie an dieser Stelle wie ein Tropfen auf heißem Stein.
Ab der Kreuzung Bismarckstraße bilden rund 66 große Ross-Kastanien seit etwa 100 Jahren das markante Erscheinungsbild des „Jermersteinviertels“. Dieser Abschnitt ist jedoch ebenfalls gefährdet: Durch Trockenstress wurden 2023 bereits drei Kastanien gefällt, ohne dass Ersatzpflanzungen vorgenommen wurden, was zu unschönen Lücken führte. Diese Sorgen nun dafür, dass auch dort allmählich das charakteristische Aussehen der Allee verloren geht.
In Niedersachsen gibt es bislang keinen landesweiten Schutz für Alleen. Sie können lediglich durch Satzungen oder Verordnungen als geschützte Landschaftsbestandteile oder durch Ausweisung als Naturdenkmale unter Schutz gestellt werden. Dieser Fall verdeutlicht die Notwendigkeit eines rechtlichen Schutzes: Ohne entsprechende Schutzsatzungen bleibt der Erhalt von Alleen auf das Wohlwollen der zuständigen Stellen angewiesen, was häufig zu unzureichenden oder ausbleibenden Kompensationen führt. Nur durch angemessene Schutzmaßnahmen und kontinuierliche Pflege der verbleibenden Bäume sowie zeitnahe Nachpflanzungen, kann der Charakter der Allee und ihre ökologischen Funktionen – wie ihre lange Präsenz, die Förderung der Biodiversität und ihre Rolle als Klimaregulator – erhalten werden.