IMMER HOCH HINAUS ODER MIT BEIDEN BEINEN AM BODEN?, © Fotolia // Gabriele Rohde | floriantrykowski.com
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IM­MER HOCH HIN­AUS ODER MIT BEI­DEN BEI­NEN AM BO­DEN?


Mit jeder Stufe kommen Sie Ihrem Traum von Glück näher, denn von oben sieht die Welt am schönsten aus. Oder sagen Sie vielmehr: Nein, ich bevorzuge die Bodenhaftung, ein unverstellter Blick über das weite Wattenmeer ist der wahre Gipfel des Genusses.

WATT‘N ABENTEUER

Allein, dass es zweimal am Tag komplett verschwindet, macht das Watt zu etwas Besonderem. Die Hälfte des Tages bei Flut liegt es verborgen im Meer und kommt dann bei Ebbe in aller Weite und Schönheit ans Licht – und mit all seinen 10.000 Tier- und Pflanzenarten. Millionen von Zugvögeln kommen zum Brüten und Rasten hierher. Die UNESCO hat es daher 2009 auch zum Weltnaturerbe erklärt. Es ist mit 11.500 m2 die größte zusammenhängende Schlick- und Sandwattfläche der Welt – ein Ort der Extreme und von besonderer Bedeutung für Artenvielfalt und Ökosystem. Das Watt umfasst die gesamte niedersächsische Küste inklusive der Ostfriesischen Inseln und des Jadebusens.

Mit Gummistiefeln an den Füßen oder barfuß im Sommer geht es also los – und ruckzuck steht man knöcheltief im Schlick. Deshalb heißt es auch wattwandern und nicht wattrumstehen. Wer – was gerade für Anfänger wirklich empfehlenswert ist – mit einem Wattführer, offenen Augen und einer Schippe loszieht, entdeckt eine faszinierende Tier- und Pflanzenwelt: Wattwürmer, die riesige unterirdische Tunnelsysteme bauen und dabei ihre unverkennbaren Haufen hinterlassen, grün-glibberige Wurmeier, die die Vorboten des Frühlings sind, und seitwärts schleichende Krebse, um nur einige der Bewohner vorzustellen. Und auch zahlreiche Pflanzenarten haben sich an die Bedingungen der Nordseeküste, dem Wechsel von Ebbe und Flut und dem hohen Salzgehalt anpassen können. Sie schützen sich davor mit besonderen Tricks, die denen der Wüstenpflanzen gleichen.

Besonders beeindruckend ist neben Flora und Fauna der ungestörte Blick in die unendliche Weite. Der schier endlos Horizont lässt Gedanken ihren Lauf. Die Ruhe, in der nur das regelmäßige Schmatzen der Füße im Schlick zu hören ist, tut das Übrige. Plötzlich ist die Welt ganz weit weg. Und genau da birgt das grandiose Wattenmeer seine Gefahr: Schnell kann man in die Fänge eines Priels und seiner Strömung geraten und von der Flut überrascht werden, die den Rückweg abschneidet. Erkundigen Sie sich also unbedingt vor Ort, welche Regeln es bei einer Tour durch dieses Paradies zu beachten gilt.

Winter-Watt-Wandern

Watt im Sommer – kann und kennt wohl (fast) jeder. Aber im Winter entwickeln die Orte am Meer einen ganz besonderen Charme. Wenn der Wind uns ganz schön kalt um die Nase bläst, wir den Kragen hochschlagen, die Mütze weit ins Gesicht ziehen und die Hände tief in den Manteltaschen vergraben, dann sind die Strände an der niedersächsischen Nordseeküste und den Ostfriesischen Inseln oft menschenleer und gerade deshalb das perfekte Reiseziel. Die raue See, der stahlblaue Winterhimmel und die endlose See machen einen Spaziergang im Winterwatt zu einem unvergesslichen Erlebnis. Vorausgesetzt man hat warme Socken und Gummistiefel an!

Weltnaturerbe Wattenmeer

Wer zu Fuß durch den Nationalpark Niedersächsisches Wattenmeer stapft, glitzernde Salzwiesen und Watt durchquert und dabei Augen und Ohren offenhält, entdeckt heimische Pflanzen und Vögel. Gerade die Ruhe der kalten Jahreszeit lässt die Geräusche der Natur besonders deutlich werden. Und wie lebendig und spannend das Leben von Wattwurm und Co. ist und ob der Geselle Winterschlaf hält, verraten die Nationalpark-Wattführer, die Interessierte an vier Sonntagen im Winter z. B. von Harlesiel aus auf eine Erkundungstour durch das glitzernde UNESCO-Weltnaturerbe mitnehmen. Mehr als 10.000 Tier- und Pflanzenarten leben hier.

Für viele ist die Natur nie eindrucksvoller als im Winter, die enorme Kraft des Wassers nie spürbarer. Strandspaziergänge mit unverstelltem Weitblick wirken entschleunigend und erholsam für Körper und Geist. Also: Tief einatmen und genießen. Die salzhaltige Seeluft ist gesund und tut gut.

Gemütlich & entspannt

Durchgepustet, mit geröteten Wangen und windzerzaustem Haar locken dann nach einem langen Gang am Meer gemütliche Cafés und Gaststätten. Vielleicht wärmt ein alter Kachelofen, auf jeden Fall aber der heiße Ostfriesentee oder eine warme Suppe, eine heiße Schokolade oder andere regionale Köstlichkeiten. Und obwohl bereits die entspannt genossene Tasse Tee eine echte Wellnessmaßnahme ist, wird sicher niemand etwas gegen ein paar Stunden im SPA einzuwenden haben. Zumal die Region Nordsee als erste offiziell zertifizierte Thalasso-Region Europas zahlreiche Wellness-Einrichtungen mit entspannenden und gesundheitsfördernden Anwendungen aus Schlick, Algen, Sand und Meersalz bietet.

Winterurlaub an der See ist Wellness für Leib und Seele.


LEUCHTTÜRME AN DER NORDSEE

Sie warnen vor Gefahr, dienen als Orientierungshilfe für Schiffe, sind Wahrzeichen der Küstenlandschaft, Postkartenmotiv, Ort der Romantik und gehören zur Nordsee wie Watt, Muscheln und Krabbenkutter – die Leuchttürme der niedersächsischen Küste.

Seit Jahrhunderten wachen sie über Inseln und Küsten und weisen durch ihre Leuchtfeuer Seeleuten den richtigen Weg. Zumeist sind sie an gefährlichen Punkten oder an Stellen gelegen, die bedeutend für die Navigation sind. So sind sie einerseits Navigationshilfe zur genauen Positionsbestimmung auf See, anderseits warnen sie Schiffe vor Untiefen wie Riffen und Sandbänken. Und auch in heutiger Zeit der satellitengestützten Navigation sind noch einige von ihnen in Betrieb.

Ausblicke und Einblicke

Die niedersächsischen Leuchttürme bieten traumhafte Ausblicke auf die Nordsee und die Küste. Viele Leuchttürme sind heute öffentlich zugänglich, einige auch denkmalgeschützt und besonders interessant für Besucher. Deutschlands bekannteste Leuchttürme stehen an der niedersächsischen Nordsee: Wie der Pilsumer Leuchtturm in Ostfriesland, der an eine gelb-rot geringelte Tonne auf dem Deich erinnert. In Otto Waalkes Film „Otto, der Außerfriesische“ diente er als außergewöhnliche Kulisse.

Ein Standesamt und Aussichtsturm in 39 Metern Höhe bietet der „Alte Leuchtturm“ auf Wangerooge. Beliebt sind Leuchttürme heute auch als Museen. Im alten Leuchtturm auf Borkum zeigt der Heimatverein Exponate aus seiner Geschichte oder bereitet eine ostfriesische Teezeremonie vor.

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